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Prof. Dr. Christa Luft
Die nächste Wende kommt bestimmt
Berlin 2. Aufl. 1994, s. S. 205-210.

„Marktwirtschaft und Kapitalismus sind für mich keine Synonyme. Kapitalismus ist nicht ohne Marktwirtschaft denkbar. Aber eine Marktwirtschaft ohne Dominanz der Kapitallogik halte ich für keine Utopie. …

Konturen einer marktwirtschaftlich verfassten, aber nicht kapitaldominierten Gesellschaft könnten sich erstens herausbilden, indem der durch menschliche Arbeit weder geschaffene noch vermehrbare Grund und Boden in unveräußerliches Gemeineigentum überführt und von kommunalen Körperschaften verwaltet wird. …

Die Gesellschaft könnte die Kapitaldominanz zweitens einschränken, wenn sie die Rolle des zinstragenden Geldes als Machtinstrument … zurückdrängte. … Dringend geboten wäre eine Reform des Geldwesens. In der internationalen Diskussion sind z. B. die Verstaatlichung der privaten Banken oder die Einführung einer ‚Parkgebühr’ für stillgelegtes, dem Wirtschaftskreislauf entzogenes Geld. Solche Ideen scheinen für die baldige Umsetzung nicht reif. Aber sie regen an und bedürfen der weiteren Erörterung. …

Eine nicht kapitaldominierte Marktwirtschaft kann sich drittens in einer pluralistischen Eigentumsordnung entwickeln, in der privates ebenso wie kommunales, genossenschaftliches und staatliches Eigentum Platz haben. …

Für Gemeineigentum an Grund und Boden sowie ein reformiertes Geldwesen sind in absehbarer Zeit schwerlich Realisierungschancen gegeben. Dennoch muss die Öffentlichkeit für diese Themen sensibilisiert werden. …

Der Staatssozialismus ist tot. Das heißt umgekehrt nicht, der real existierende Kapitalismus sei gesund und hätte – in welchen Schattierungen auch immer – das ewige Leben. Die Suche nach Alternativen bleibt eine Herausforderung für den menschlichen Geist.“